Aus der Geschichte der
St.-Barbara-Bruderschaft Alsweiler
Raimund Kirz
Die Gründung vor 120 Jahren
Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts hören wir zum erstenmal von Bergleuten in
Alsweiler. Für sie gilt, was Amtsbürgermeister Wilhelm Staub in seinem Büchlein ,,Zusammengefaßte Chronik der
Bürgermeisterei Alsweiler", Seite 25, schreibt: ,,Diese Leute mußten mangels
vorhandener \(erkehrseinrichtungen zu Fuß ihre Arbeitsstätte aufsuchen, teilweise auf
eine Entfernung von 6 - 8 Stunden. Sonntags gegen Abend ging der Bergmann mit gepacktem
Ranzen, der den Wochenbedarf an Lebensmittel in sich barg, von zu Hause weg, um
montagfrüh bei der Arbeitsautnahme sein zu können. Die Woche über blieb er, getrennt
von der Familie, an der Arbeitsstätte, wo er in Schlafhäusern der Grubenverwaltung
herbergte und sein Essen sich selbst zubereitete von den mitgeführten Lebensmitteln.
Es ist verständlich, daß unter diesen Umständen nur wenige unserer Vorfahren bereit
waren, sich die Grube als Arbeitsplatz zu wählen. Als jedoch im
Jahre 1860 die Rhein-Nahe-Bahn von Saarbrücken (über Neunkirchen und St.Wendel) bis nach
Bingerbrück eröffnet wurde, bedeutete das eine wesentliche
Verbesserung der Verkehrsverhältnisse, wenn auch jetzt noch die etwa 9 km lange
Wegstrecke Alsweiler - St. Wendel zu Fuß zurückgelegt werden mußte.
Die Zahl der Bergleute stieg rasch an, und für die Jahre 1865-67 (also für die Zeit der
Entstehung der St.-Barbara-Bruderschaft Alsweiler) weist die Steuer-
rolle und Gemeindeliste für Alsweiler folgende Bergleute aus:
Arnu Niklas | Neis Michel | |
Backes Nicklas | Nonnengard Peter | |
Böffel Johann | Ohlmann Nicklas, Sohn | |
Böffel Johann, Sohn | Schmitt Johann | |
Böffel Matthias | Schmitt Peter | |
Bäffel Peter, Sohn | Schneider Michel | |
Brill Jakob | Scholl Michel | |
Brill Johann, Sohn | Sehn Nikolaus | |
Fleck Jakob | Spaniol Johann | |
Fleck Jakob, Sohn | Spohn Johann | |
Glessner Nicklas | Staub Jakob, Sohn | |
Kreuz Michel | Staub Johann, Sohn, | |
Kreuz Johann, Sohn | Staub Johann Adam | |
Kuhn Johann | Staub Michel | |
Kuhn Nicklas | Staub Peter | |
Laub Jakob | Theobald Jakob | |
Laub Johann | Wegmann Stephan | |
Laub Michel, Sohn |
Es ist anzunehmen, daß die hier genannten 35 Bergleute alle der
St.-BarbaraBruderschaft bzw. dem gleichzeitig gegründeten Knappenverein beigetreten sind.
Mit Sicherheit war die Zahl noch etwas größer, da in der Steuerrolle nicht alle
Haushaltsvorstände mit einer Berufsbezeichnung versehen sind und junge Bergleute, die
noch im Haushalt der Eltern lebten, überhaupt nicht in der Liste stehen.
Dazu kamen noch die Mitglieder aus Winterbach,das damals als Filiale zur Pfarrei Alsweiler
gehörte. So setzen sich auch die Vorstände aus Mitgliedern beider Orte zusammen:
Vorstand des Knappenvereins:
Vizepräsident: Peter Scherer <Lehrer in Alsweiler von 1865 -
1868>
Rendant: Peter Schmidt
Sekretär: Peter Scherer
Beisitzer: 1. Michel Klees
2. Peter Bild
3. Michel kreuz
4. Peter Kornbrust
5. Johann Böffel 1
6. Michel Laub 1
7. Johann Spaniol
Vorstand der St.Barbara-Bruderschaft
Präfekt: Nikolaus Gleßner
Assistent: Jakob Fleck l und Jakob Krämer
Beirat: 1. Wendel Backes (Lehrer in Alsweiler von 1843
- 1874>
2. Jakob Hoffmann
3. Johann Jene
4. Johann Kuhn
5. Michel
6. Nikolaus Arnu
Vorsitzender beider Vereine war Pfarrer Konrad Schneider, der von 1860 bis 1886 Seelsorger
in Alsweiler war.
Organisatorische Entwicklung:
Die Organisationsform der St.- Barbara-Bruderschaft Alsweiler hat sich
in den 120 Jahren ihres Bestehens mehrfach geändert. Bei der Gründung war man darauf
bedacht, die religiösen Anliegen von den weltlichen zu trennen und auch dadurch zum
Ausdruck zu bringen, daß man zwei verschiedene Organisationen bildete. Während die
Bruderschaft mehr im religiösen Bereich wirkte, war es Aufgabe des Knappenvereins, die
Sterbekasse zu verwalten.
Bis zum Jahre 1872 wurde die Sterbekasse für die Alsweiler und Winterbacher Mitglieder
gemeinsam geführt, dann wurde sie in gegenseitigem Einvernehmen getrennt. Der St.-
Barbara-Bruderschaft gehörten weiterhin Mitglieder aus beiden Orten an. Erst als
Winterbach im Jahre 1907 Vikane mit eigener Kirche und eigenem Seelsorger wurde, schlossen
sich die Mitglieder dieses Ortes zu einer eigenen Bruderschaft zusammen.
Im Jahre 1912 wurde beschlossen, daß der Vorstand der St.-Barbara-Bruderschaft auch
gleichzeitig die Verwaltung der Sterbekasse übernehmen solle~ Damit war die
Organisationsform gefunden, wie sie bis heute bestehen blieb~
In diesem Zusammenhang sei auch vermerkt, daß wegen der kirchenfeindlichen Haltung des
NS-Regimes der Name der St.-Barbara-Bruderschaft in ,,Sterbekassenverein der Berg- und
Hüttenleute" geändert werden mußte.
Ein Wandel hat sich auch in der berufsmäßigen Zusammensetzung der Mitglieder vollzogen.
War die Bruderschaft zunächst eine reine Standesorganisation, der nur Berg- und
Hüttenleute sowie deren Familienangehörigen beitreten konnten, so stand später, als die
Zahl der Berg- und Hüflenarbeiter immer mehr abnahm, die Mitgliedschaft allen Arbeitern
und Arbeiterinnen der eisenschaffenden Industrie offen, und heute kann jeder Alsweiler
Bürger Mitglied werden. Diese stetige Anpassung der Satzung an die geänderten
Verhältnisse war notwendig, um den Mitgliederstand und damit den Bestand der
St.-Barbara-Bruderschaft zu sichern.
Jubiläen sind Meilensteine im Leben eines Vereins. Sie sind auch Tage der Besinnung, an
denen man Rückschau hält und in die Zukunft blickt. Sie stärken das Gefühl der
Zusammengehörigkeit, und meist gehen von ihnen neue Impulse aus für die gemeinsame
Arbeit und das gemeinsame Ziel.
Und so sei hier auch die stattliche Reihe der Jubiläen erinnert, die die
St.-Barbara-Bruderschaft Alsweiler im Lauf ihrer langjährigen Geschichte in mehr oder
minder festlichem Rahmen begehen konnte.
Der Vereinschronik entnehmen wir, daß im Jahre 1891 das 25jährige Bestehen festlich
begangen wurde. Aus Anlaß des 40. Jahrestages der Gründung hielt das Mitglied Jakob
Staub (Gerbersch) einen Vortrag über die bisherige Geschichte der Bruderschaft, ,,der
sehr gefiel und gut ausgearbeitet war".
Das Goldene Jubiläum fiel in die Zeit des Ersten Weltkrieges und konnte deshalb nicht
gefeiert werden. Das 6ojähriges Stiftungsfest hingegen, das mit einer Fahnenweihe
verbunden war, wurde am 27. Juni 1926 feierlich begangen.
Das 7ojährige wie das 75jährige Bestehen fiel in die Ära des Nationalsozialismus,
während der jegliche Betätigung des Vereins verboten war.
Als nach dem Zweiten Weltkrieg sich das Vereinsleben wieder frei entfalten konnte, hat man
1954 das gOlährige Bestehen wieder in größerem Rahmen gefeiert und ebenso in den Jahren
1964 das 1 O0jährige und 1974 das 11 Ojährige Bestehen, denen sich in diesem Jahr die
Feier des 1 2ojährigen Jubiläums anschließt.
Mögen die Fesifage des 8. und 9. September 1984 alle Mitglieder zu froher Gemeinsamkeit
vereinen und ihnen Ansporn geben, mit allen Kräften an der Erfüllung der sozialen
Aufgabe der Bruderschaft mitzuarbeiten und die in der Vergangenheit gültigen Ideale in
die Zukunft hineinzutragen.